Jede Werkstätte hat eine eigene Duftnote. Im kleinen Schuhmacher-Betrieb von Philipp Schwarz riecht es ganz klassisch nach Gerbstoffen und Fetten. „Ich lege größten Wert auf die Qualität des Leders“, versichert der 30-Jährige. Philipp Schwarz ist der Letzte seiner Zunft, der den „zwieg’nahten Goiserer“ zu fertigen versteht. Die handgemachten Maßschuhe mit der Doppelnaht aus Pechdraht – einem mit Pech und Bienenwachs eingeriebenen Garn – sind sein Markenzeichen. Mindestens 40 Arbeitsstunden stecken in der Fertigung eines traditionellen Paares Goiserer; deutlich mehr, wenn es um ein Budapester-Modell mit handgestanzter Lochung, der „Lyralochung“, geht. Kunden müssen sich ein Jahr gedulden, bis sie ihre Goiserer tragen können.
Philipp Schwarz ist einer von dreißig Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Salzkammergut, die den Stellenwert von traditionellem Handwerk für die Region sichtbar machen wollen. Sie sind „Pfochtler“, wie es im Dialekt des unteren Salzkammerguts heißt.
Der Verein HAND.WERK.HAUS wurde vor mehr als zehn Jahren ins Leben gerufen, um Handwerk einen Raum zu geben. „Der Dachdecker, der Harmonika-Erzeuger, der Parkettleger oder der Hafner – sie alle produzieren Dinge, die für unsere regionale Kultur und Identität stehen. Das müssen wir herausstellen und betonen“, wirbt Barbara Kern für den Zweck des Hauses.
Es brauche ein stärkeres Sendungsbewusstsein: „Der Handwerker ist für die Region ebenso Kulturträger wie der Bauer. Handwerk steht für Ausbildung, Fertigkeit und lokale Arbeitsplätze.“ Kurz: Geht es den Gewerken gut, geht es den Menschen gut. Die Historikerin ist Kommunikatorin und Antreiberin des gleichnamigen Handwerkervereins, der mitten im Ort im Schloss Neuwildenstein, einem ehemaligen Bundesforste-Gebäude, ein Ausstellungszentrum mit angeschlossenem Handwerksladen betreibt.
Das auf drei Ebenen angelegte HAND.WERK.HAUS ist ein Folgeprojekt einer Landesausstellung aus dem Jahr 2008. Zu sehen gibt’s hier Handwerk rund um die Themen „Von Kopf bis Fuß“, „Vom Giebel bis zum Keller“ oder „Von der Hand in den Mund“.
Hirschhorn ist ein widerspenstiger Werkstoff. Von Optikermeister Pamminger verlangt das Aufzeichnen der Brillenform auf den Hornplatten, das Ausfräsen, Schleifen und Gravieren viel Geschick.
Er muss bei der Bearbeitung höllisch aufpassen, den Brillenrohling aus Hirschgeweih nicht zu ruinieren. Die innere Struktur des Materials ist nicht immer ebenmäßig. Ein falscher Feilenzug – und Pamminger ist gleichsam fassungslos.
Der Ehrgeiz des Optikers ist es, zu zeigen, was Handwerkskunst schaffen kann: „Ich fertige Dinge, die in meiner Branche nicht alltäglich sind. Meine Meisterstücke entsprechen dem Wunsch der Kunden, etwas Individuelles und Bodenständiges zu tragen.“
Spricht’s und feilt weiter an einem Sehhilfen-Unikat. So oder so eine wichtige Arbeit – denn wie sagt eine jahrhundertealte Weisheit, die man bei einer der Hausführungen erfährt: „Wann nun wegen des wachsenden Alters oder anderwärtigen Zustands die Augen erblöden, so kommen die Prillenmacher zu Hilff.“
TEXT: Josef Ruhaltinger FOTOS: Mirco Taliercio
Text & Fotos sind im Servus Salzkammergut Magazin 2021 erschienen.
HAND.WERK.HAUS Salzkammergut
4822 Bad Goisern
Schloss Neuwildenstein
Rudolf-von-Alt-Weg 6
+43/6135/508 00