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© Segelmacher Florian Raudaschl ©STMG/ Huber
Ein Mann befindet sich in einer Werkstatt. Auf seinem Arbeitstisch liegt ein Segel auf dem er mit Lineal und Stift zeichnet.
Ein Mann befindet sich in einer Werkstatt. Auf seinem Arbeitstisch liegt ein Segel auf dem er mit Lineal und Stift zeichnet.

Segelmacher
am Wolfgangsee

Olympiasegler, Segelmacher und Salzkammergut-Liebhaber

Florian Raudaschl liebt und lebt den Segelsport – dort, wo er aufgewachsen ist: am Wolfgangsee. Er betreibt eine Segelmacherei, ein Sportcamp und verlässt das Salzkammergut im Sommer nur in Ausnahmefällen.

 

Ein sportlicher, großgewachsener Mann arbeitet im lichtdurchfluteten ersten Stockwerk eines großen Holz-Bootshauses. Er beklebt ein Wettkampfsegel. Barfuß ist er unterwegs an diesem heißen Sommertag. Währenddessen blickt er immer wieder kurz aus dem Fenster. Nicht, weil er den fantastischen Ausblick auf den Wolfgangsee und die umliegende Bergwelt im Salzkammergut genießt. Vielmehr hält er Ausschau nach Anzeichen von aufkommendem Wind. Denn der Wind ist des Seglers Freund. „Und jetzt noch das L – dann ist das Nationalitätskennzeichen für Polen komplett. Die Buchstaben sind genauso genormt wie die Größe des Segels, die Abstände der Beschriftung und viele andere Details. Bei einer Regatta muss alles hundertprozentig passen. Unsere Kunden verlassen sich darauf, dass wir Segel liefern, die alle Bestimmungen exakt einhalten“, sagt Segelmacher und -sportler Florian Raudaschl.

© Segelmacher Florian Raudaschl ©STMG/ Huber
Auf ein Segel werden große Buchstaben aufgeklebt.

Tief verwurzelt im Segelsport

Der See, auf den Florian immer wieder hinausblickt, hat ihn seit Kindheitstagen geprägt: „Ich bin in einer Bootsbauer- und Seglerfamilie am und mit dem Wolfgangsee aufgewachsen. Schon im Alter von fünf Jahren habe ich mit dem Segeln begonnen – eigentlich viel zu früh. Als ich zehn war, zog es mich zum Windsurfen hin, ehe ich mit 17 Jahren wieder zum Segeln zurückkehrte.“ Danach kombinierte er Ausbildung und Sport. Florian erlernte die Segelmacherei von der Pike auf – an drei Segel-Hotspots dieser Erde: in Boston (USA), Sydney (Australien) und Auckland (Neuseeland). Segelmachen und Segeln ließen sich gut verbinden, sodass er sich auch sportlich weiterentwickeln konnte. Davon zeugen mehrere Europa- und Staatsmeistertitel sowie die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2012 in London. Der Apfel fällt also nicht weit vom Stamm. Eine große Portion Inspiration für Florians Segel-Leidenschaft kommt von seinem Vater Hubert, der mit zehn Olympiateilnahmen zur österreichischen Sportikone wurde. Er gilt als Wegbereiter für die internationalen Erfolge von Seglern aus dem Binnenland Österreich.

© Segelmacher Florian Raudaschl ©STMG/ Huber
Ein Mann steht am Ufer eines Sees. In den Händen hält er ein Board mit einer langen Finne. Im Hintergrund der See mit Segelbooten, Wiesen und bewaldeten Hängen.

Österreichische Segelmacherei – international vernetzt

Aus der Sportler-Freundschaft zwischen Hubert Raudaschl und dem US-amerikanischen Olympiateilnehmer Robbie Doyle, die in den 1960er-Jahren ihren Anfang nahm, wurde eine geschäftliche Partnerschaft. Seit 1998 ist die Segelmacherei am Wolfgangsee Teil der internationalen Doyle-Gruppe, die 90 Segelmachereien weltweit betreibt. Florian erklärt: „Ich habe das Unternehmen Doyle Austria 2003 übernommen. Mein Vater schaut nach wie vor täglich im Betrieb vorbei. Wir konzentrieren uns auf die Märkte Österreich, Südbayern und die Schweiz. Mir ist besonders wichtig, dass unsere Segel von Menschen designet und gefertigt werden, die selbst passionierte Segler sind und diesen Sport leben und lieben. Eingebettet in die Doyle-Gruppe können wir sehr selbstständig arbeiten und bekommen ausgezeichnete Unterstützung von der Mutterfirma, vor allem in punkto Technologien und Design. Aktuell beschäftigen wir 14 Mitarbeiter.“

© Segelmacher Florian Raudaschl ©STMG/ Huber
Zwei Männern knien in einer Werkstatt am Boden auf einer Segelplane. Mit Lineal und Stift bearbeiten sie das Material.

Wie ein Segel entsteht

Während Florian an seinem Wettkampfsegel für polnische Sportler weiterarbeitet, liegt ein etwa zehn Meter langes Segel neben ihm auf dem Boden. Zwei seiner Mitarbeiter sind damit beschäftigt, dessen Enden zu verstärken. Sie verraten: „Dieses Segel ist zur Reparatur bei uns. Es wird heute fertig und ist ab morgen unterwegs zu einem Kunden in der Karibik.“ Individueller Service wird im Hause Raudaschl groß geschrieben. Das gilt nicht nur für Reparaturen oder Änderungen. Öfter kommt diese Stärke beim Anfertigen eines neuen Segels zum Tragen. Der erste Schritt dabei ist ein ausführliches Beratungsgespräch. Florian erklärt: „Ganz entscheidend ist, das Anforderungsprofil zu kennen. Darauf werden der Schnitt, die Tuchauswahl und die Verarbeitungsdetails individuell abgestimmt. Wir können in diesen Prozess unser umfangreiches Know-how und viele Erfahrungen aus dem Segelsport einbringen.“ Das Segeldesign erfolgt mit Hilfe modernster 3D-Design-Software. Danach schneidet ein Laser-/Plotter-System mit Vakuumbett die Segel-Einzelteile präzise zu und verschweißt im gleichen Arbeitsschritt alle Nähte. Beim Zusammensetzen von Segelbahnen kommen verschiedene Nähmaschinen ins Spiel – je nach Segel von der filigranen Spinnaker-Nähmaschine bis zur Maxi-Nähmaschine, die eine halbe Tonne wiegt. Florian sagt: „Beim Nähen und der anschließenden Verarbeitung ist qualitativ hochwertige Handarbeit gefragt. Unser Team steht für viel Liebe zum Detail. Wir setzen uns dafür ein, unseren Kunden die individuell beste Lösung zu bieten.“

© Segelmacher Florian Raudaschl ©STMG/ Huber
Mit einer großen Nähmaschine werden die Teile eines Segels zusammen genäht.

Foilen verändert das Segeln

Segelmachen verbindet Handwerk und Hightech. In punkto Materialien ist es ähnlich wie in der Formel 1 – die Vielfalt ist schier unendlich. Es wird permanent geforscht und optimiert. Eine aktuelle Entwicklung im Segelsport bringt eine besonders große Dynamik ins Geschehen: Foilen. Das Foil ist eine Art Flügel am unteren Ende der Finne. Unter Wasser funktioniert es nach dem Prinzip einer Flugzeugtragfläche. Ab einer gewissen Geschwindigkeit entwickelt es mit Hilfe des darunter und darüber strömenden Wassers Auftriebskraft und hebt das Surfbrett oder das Segelboot aus dem Wasser. Aufgrund des schwebenden Zustandes verringert sich der Widerstand, die Geschwindigkeit steigt deutlich. Florian ist überzeugt: „Foilen ist weitaus mehr als ein Trend. Es wird sich bei sportlichen Seglern durchsetzen und das Segeln als Ganzes verändern. Sowohl in Hinblick auf das Material als auch in den Bereichen Design, Bootsbau oder Optik gibt es Anstöße für Veränderungen. Auch beim ‚normalen‘ Segeln wird man noch viel vom Foilen lernen können.“

© Segelmacher Florian Raudaschl ©STMG/ Huber
Der Stoff für ein Segel liegt ausgebreitet auf dem Boden einer Werkstatt. Zwei Männer arbeiten kniend daran. An den Wänden der Werkstatt befinden sich Werkzeuge, Stoffe und Bilder.

Segel-Eldorado Wolfgangsee

Im Sportcamp Raudaschl, das ebenerdig im Gebäude der Segelmacherei angesiedelt ist, steigt die Nachfrage nach Kursen, in denen das Foilen erlernt werden kann. Zwei Kurse pro Woche werden derzeit abgehalten. Auch hier steht der Name Raudaschl für Pionierarbeit: „Wir sind in Österreich derzeit die einzigen, die Ausbildungen im Foilen sowohl für Segler als auch für Surfer anbieten“, bemerkt Florian und weist auf das breite Angebot im Sportcamp hin. Es lässt für Wassersportbegeisterte keine Wünsche offen. Mehr noch: Gerade für Segel- oder Surf-Einsteiger ist der Wolfgangsee ein prädestiniertes Gewässer. Einsteiger kommen hier neben ihrem Kurs in den Genuss einer Vielfalt an Freizeitangeboten. Bei jedem Wetter. Weshalb der Wolfgangsee unter Seglern und Surfern einen besonders guten Ruf hat, erklärt Florian so: „Aufgrund seiner einzigartigen Lage ist der Wolfgangsee nach dem Neusiedler See der windsicherste See Österreichs. Bei uns gibt es sehr gute Gradientwinde. In Kombination mit der unvergleichlichen landschaftlichen Schönheit sind sie hauptverantwortlich dafür, dass viele internationale Regatten auf höchstem Niveau hier ausgetragen werden.“ Der Wolfgangsee zieht Wassersportler aus vielen Ländern an. Florian Raudaschl ist ein Paradebeispiel dafür, dass die besondere Anziehungskraft des Sees und der ihn umgebenden Region auch auf Einheimische wirkt: „Ich bin wahnsinnig gerne im Salzkammergut. Während meiner Zeit als Wettkampfsegler war ich sehr viel auf Reisen. Umso mehr schätze ich es nun, zu Hause zu sein. Mittlerweile ist es mein erklärtes Ziel, im Sommer das Salzkammergut möglichst nie oder nur in Ausnahmefällen zu verlassen.“

© Wolfgangsee ©Lahnsteiner
Luftaufnahme des Wolfgangsees. Im Vordergrund Strobl. Im Hintergrund der See und Berge.