Die Vorbereitungen für die Salzkammergut Trophy 2020 rund um Bad Goisern sind voll im Gange. Im wenige Kilometer entfernten Salinenort Hallstatt fertigt Thomas Gschwandtner Keramik-Trophäen für die Schnellsten der Extremdistanz bei Österreichs größtem Mountainbike-Marathon.
Treffpunkt Badeinsel in Hallstatt. Vormittags tobte ein kurzes Sommergewitter. Jetzt lichten sich die Wolken. Vor der malerischen Kulisse des Weltkulturerbeorts unterhalten sich zwei Männer. Einer von ihnen ist mit dem Mountainbike, allerhand roten Utensilien und einer roten Figur gekommen. „Können die Stollen auf den Reifen eventuell ein bisschen kleiner ausfallen?“, fragt der eine. „Ich lasse mir etwas einfallen. Auch in Sachen Farbe habe ich schon die eine oder andere Idee. Es wird wieder etwas Neues werden, wie jedes Jahr“, antwortet der andere.
„Darauf bin ich gespannt. Wie immer vertrauen wir voll auf deine Kreativität“, erwidert Peter Perstl. Für den Obertrauner beginnen unmittelbar nach der Salzkammergut Trophy die Vorbereitungen auf die nächstjährige Ausgabe des legendären Mountainbike-Rennens. Seit 2008 ist er „ein Teil des Rades“, 2014 tauchte er richtig tief in die Materie ein. In einem starken Organisationsteam übernahm er einen Part, der ihn das ganze Jahr fordert. Seine Kernaufgaben sind die Koordination der Expo, Öffentlichkeitsarbeit, Social Media und organisatorische Tätigkeiten. Was als kleine Veranstaltung für Extremsportler:innen begann, ist mittlerweile das größte Sportfest der Mountainbike-Community in ganz Österreich. Es werden wieder mehr als 5.000 Biker aus über 40 Nationen sein, die sich von 17. bis 19. Juli 2020 in Bad Goisern zur 23. Salzkammergut Trophy treffen. Ihr gemeinsames Ziel: „Einmal Hölle und zurück!“ So lautet das Motto des Events. Allerdings: Wenn die Hölle so schön wie die Berg- und Seenlandschaft der Region Dachstein-Salzkammergut mit ihren Almen, Seen, Gipfeln und Tälern ist, werden die körperlichen Strapazen für die Sportler um einiges erträglicher.
Für die härtesten Biker:innen unter der Sonne beginnt ihr „Ritt durch die Hölle“ bei der Salzkammergut Trophy bereits um fünf Uhr morgens. Die ersten Vögel beginnen zu singen, wenn sich die Sportler:innen schweigend auf das konzentrieren, was vor ihnen liegt: 211 Kilometer in den Bergen des Salzkammerguts. Höhendifferenz: 7.119 Meter. Im Morgengrauen fällt am Marktplatz von Bad Goisern der Startschuss für den Marathon. Neben Profis, die den Tagessieg im Visier haben, nehmen auch vermehrt Hobbybiker:innen die anspruchsvolle Strecke unter ihre Räder. Ihr oberstes Ziel ist es, sich einmal in der Finisher:innen-Liste zu verewigen und jenes schwarze T-Shirt entgegenzunehmen, das in der Szene mittlerweile Kultstatus genießt. Die Härtesten und Schnellsten unter ihnen haben noch etwas anderes im Visier: die Siegestrophäen, die für die besten drei Damen und Herren reserviert sind.
„Die Salzkammergut Trophy ist einfach etwas Wildes – da würde ein Engel als Siegestrophäe keinesfalls passen. Wer 'Einmal Hölle und zurück' gewinnt, kann nur teuflisch schnell unterwegs gewesen sein. Daher ist die logische Siegestrophäe ein Teufel auf einem Mountainbike. Für 2020 mache ich die Keramikfiguren zum insgesamt zehnten Mal“, erklärt Thomas Gschwandtner. Der schlanke Brillenträger grinst spitzbübisch. Exakt wissend, wie man sich als Sportler oder Sportlerin in dieser „Hölle“ fühlt. Ist er doch selbst ein Trophy-Teilnehmer der allerersten Stunde. Schon bei der ersten Ausgabe nahm er die Langdistanz in Angriff, blieb jedoch über dem Zeitlimit. Bei der dritten Salzkammergut Trophy – im Milleniumsjahr 2000 – finishte er schließlich erfolgreich. Thomas ist seit vielen Jahren leidenschaftlicher Ausdauersportler und sagt mit einem Schuss Selbstironie über sich selbst: „Verrückte Sportbewerbe interessieren mich einfach. Weil ich verrückte Sachen generell mag. Auch beim Ironman in Klagenfurt hab ich fünfmal mitgemacht – und bin ins Ziel gekommen.“
Mit der Salzkammergut Trophy verbindet Thomas neben der Selbsterfahrung und dem Fertigen der Siegestrophäen noch eine Besonderheit: Seit einigen Jahren spendet er als lebender „Trophy-Teufel“ den Teilnehmern an verschiedenen Positionen an der Strecke positive Energie. Diese Idee hat sich aus dem Event-Slogan und aus den von Thomas angefertigten Siegestrophäen entwickelt. „Ich verkleide mich halt gerne und, wie schon gesagt: Für verrückte Aktionen bin ich jederzeit zu haben“, meint Thomas. Da ist es wieder, sein spitzbübisches Grinsen. Der Arbeitstag des „Trophy-Teufels“ beginnt für das Event um drei Uhr in der Früh. Genauer gesagt schon am Vorabend: „Die Grundbemalung in Rot mach ich bereits einen Tag vorher, damit ich am Renntag schneller fertig verkleidet bin“, erklärt der Künstler. Sein großteils aus Leder bestehendes Kostüm hat er selbst entworfen und angefertigt. Pünktlich um fünf Uhr feuert er die ersten Trophy-Teilnehmer am Start an. Danach taucht er an unterschiedlichsten Positionen an der Strecke auf – motiviert und sorgt für den einen oder anderen Schmunzler. Heuer hing er sogar an einem Seil in der Ewigen Wand. Auch wenn der Letztplatzierte ins Ziel kommt, ist der teuflisch anstrengende Arbeitstag für Thomas noch nicht zu Ende. Für ihn ist es selbstverständlich, auch bei der Siegerehrung dabei zu sein. Und diese kann durchaus länger dauern, wie er augenzwinkernd anmerkt: „Es ist schon passiert, dass ich bei der Salzkammergut Trophy 24 Stunden durchgehend unterwegs war. Das ist halt meine persönliche Art von Marathon ...“
In der Zwischenzeit sind die zwei Männer von der Badeinsel in die unmittelbar daneben befindliche Keramikwerkstatt gegangen. Das traditionelle Gebäude war einst ein Holzknechthaus, ehe es 1945 die Keramikerin, Bildhauerin und Malerin Gudrun Wittke-Baudisch kaufte und hier die Werkstätte „Keramik Hallstatt“ einrichtete. In den Anfangszeiten wurde diese auch „Hallstatt-Keramik“ bzw. „Hallstätter Keramik“ genannt. 1977 übergab sie ihrem langjährigen Mitarbeiter Erwin Gschwandtner den Betrieb, seit 2002 führen ihn dessen Söhne Peter und Thomas. „Hier entstehen die Siegestrophäen für die Trophy“, sagt Thomas. Der erste Arbeitsschritt ist das Zeichnen einer Skizze. Danach fertigt der Künstler eine Gipsform, die die Figur in groben Zügen abbildet. Diese wird mit Ton ausgeformt. Es erfolgen individuelle Anpassungen. Thomas: „Meine Teufel werden immer einen Tick absurder – sowohl die drei männlichen als auch die drei weiblichen.“ Nach dem Modellieren trocknen die Figuren zwei bis drei Wochen bei Raumtemperatur, ehe sie bei 930 Grad Celsius ein erstes Mal gebrannt werden. Danach erfolgt das Glasieren – üblicherweise mit einer Spritzpistole – und ein weiterer Brand bei 1.080 Grad Celsius. Den Sockel aus Holz montiert schließlich ein Tischler aus Obertraun.
Angesprochen auf den Marktwert einer Siegestrophäe meint Thomas bescheiden: „Wenn ich den Arbeitsaufwand streng kalkuliere, liegt die Untergrenze wohl bei 500 Euro.“ In Wahrheit sind sie für Sportlerinnen und Sportler, die sie gewinnen, unbezahlbar. Hängt an ihnen doch die Erinnerung an eine Spitzenleistung bei einem einzigartigen Event. Es kam auch schon vor, dass plötzlich ein Fan der Veranstaltung in der Werkstatt der „Keramik Hallstatt“ auftauchte und unbedingt einen Teufel auf einem Mountainbike haben wollte. Diesen Wunsch erfüllte ihm Thomas in Form einer Sonderanfertigung. Das Erschaffen von Keramikfiguren, ganz nach seinen individuellen Vorstellungen, gehört nämlich zu seinen Lieblingsarbeiten. Davon zeugt auch eine Vielfalt an sehenswerten Exponaten im Verkaufsraum. Man spürt sofort: In diesem Haus herrscht ein ganz besonderer kreativer Geist, der in Form einzigartiger Kunstwerke sichtbar wird. Doch das ist eine andere Geschichte ...