Wo die Narzisse blüht

Suche
Suchen
Schließen

Narzissenfest im Ausseerland

Das Ausseerland-Salzkammergut ist Schauplatz des größten Blumenfests Österreichs: Das Narzissenfest holt alljährlich tausende Besucher in die Region. Hauptakteurin des Spektakels ist die Narzisse.

 

Jedes Jahr Ende Mai/Anfang Juni strömen die Menschen am Narzissenfestsonntag ins Zentrum von Bad Aussee im Ausseerland-Salzkammergut.

Sie flanieren durch die Stadt und bestaunen bei Österreichs größtem Blumenfest meterhohe Skulpturen: Drachen und Eulen. Waschbären und Clowns. Dinosaurier und Hühner. Eingekleidet in abertausende Narzissen. Der Sonntag ist der Höhepunkt des mehrtägigen Fests zu Ehren der Sternnarzisse.

Umrahmt von Musik, Tanz und Tracht. Begleitet von der Narzissenkönigin und ihren beiden Prinzessinnen, die ein Jahr lang die Regentschaft über das Ausseerland-Salzkammergut übernehmen. In Bad Aussee und an einem der beiden Seen – Altausseer See oder Grundlsee – werden die mit Narzissen geschmückten Figuren präsentiert.

Mehr als 3.000 ehrenamtliche Helfer:innen gestalten das einmalige Fest. Feuerwehr, Polizei, Rotes Kreuz. Schülerinnen und Schüler, Privatpersonen, Vereine. Handwerksbetriebe, Pressebetreuer:innen, Reiseveranstalter:innen. Sie alle tragen zum Gelingen bei. Die rund 35 Mitglieder des Narzissenfestvereins organisieren und koordinieren die Veranstaltung ehrenamtlich. Die Hauptakteurin bleibt dabei ganz still: Die Narzisse steht im Mittelpunkt des Narzissenfests.

Die Narzisse steht für Artenvielfalt

 

Die Sternnarzisse gehört zur Familie der Narzissengewächse und kommt in Österreich in der Steiermark, in Kärnten, Nieder- und Oberösterreich vor. Im Ausseerland-Salzkammergut ist das Klima für die Blume besonders bekömmlich. Die Zwiebelpflanze blüht, je nach Höhenlage, von Mitte Mai bis Mitte Juni und wächst bevorzugt auf nährstoffärmeren, nassen oder trockenen Böden. Wiesen und Weiden, die die Sternnarzisse dominiert, werden Narzissenwiesen genannt. „Die Narzisse steht für Artenvielfalt par excellence“, sagt Karin Hochegger, Natur- und Umweltschutzbeauftragte des Landes Steiermark, tätig in der Baubezirksleitung Liezen. „Wenn auf einer Wiese Narzissen wachsen, findet man dort bis zu 70 andere Pflanzenarten“, erklärt sie.

Auch Insekten profitieren von der Blume. Denn pro Wiesenpflanze sind zwischen zehn und zwölf Insektenarten zu erwarten. „Wenn wir also 50 Pflanzenarten zählen, können wir mit bis zu 500 Tierarten rechnen“, sagt Hochegger. Seit sieben Jahren widmet sie sich dem Erhalt der Narzissenwiesen im Ausseerland-Salzkammergut. Rund 100 Wiesen wurden im Rahmen ihrer Arbeit bereits kartiert. „Sie sind in mehr oder weniger gutem Zustand“, erklärt Hochegger. Der Zustand der Wiesen hängt von ihrer Pflege ab.

 

Die Narzisse braucht gesunde Wiesen, um zu gedeihen. Eine intensive Bewirtschaftung verdrängt sie aus der Natur. Regelmäßiges Mähen und Düngen mit Gülle sind für den Rückgang der Blume verantwortlich.

Dem entgegenzuwirken, ist nicht leicht. Jedes Jahr gehen Wiesen durch intensive Bewirtschaftung verloren. „Der Intensivierungsdruck in der Landwirtschaft ist groß“, weiß Hochegger. Eine narzissenfreundliche Pflege, also extensive Bewirtschaftung der Wiesen, wäre notwendig, um den Lebensraum der Blume zu erhalten. Das ist für Landwirte nicht wirtschaftlich. „Auf intensiv bewirtschafteten Wiesen findet man jedoch nach zwei Jahren nur mehr vereinzelt Narzissen“, erklärt Hochegger. Wie lange die Erholungsphase einer Wiese dauert, um der Narzisse wieder ideale Bedingungen zu bieten, ist noch nicht bekannt.

© STMG - Martin Huber

Preise und Vereine für eine Blume

Hochegger engagiert sich für den Erhalt der Narzissenwiesen, in dem sie gemeinsam mit der Bevölkerung kontinuierlich Ideen und Strategien erarbeitet. Zur Bewusstseinsbildung, zur Naturschutzförderung. Dazu gehört die Teilnahme an Ausschreibungen für Naturschutzpreise oder die Gründung eines eigenen Vereins zum Erhalt der Wiesen.

2018 wurde der Narzissenfestverein für das Projekt „Narzissenwiesen im Ausseerland schützen und erhalten“ mit dem Naturschutzpreis „Die Brennnessel – Naturschutz is ka gmahde Wies’n“ von Blühendes Österreich – REWE International gemeinnützige Privatstiftung ausgezeichnet. Der Preis prämiert praxisorientierte Naturschutzprojekte zum Schutz und zur Entwicklung wertvoller ökologischer Flächen und Lebensräume und ehrt Vorzeigeprojekte aus den Bereichen Natur- und Biodiversitätsschutz. Insgesamt werden mit der „Brennnessel“ 100.000 Euro für Naturschutzprojekte ausgegeben. Das Preisgeld wurde im Ausseerland-Salzkammergut unter anderem für eine Schwendaktion einer Narzissenwiese verwendet.

Im Bad Ausseer Ortsteil Obertressen befreiten engagierte Helfer eine Wiese händisch und mechanisch von kleinem Gehölz, um ein Verbuschen und Zuwachsen der Wiesen zu verhindern. Zwei Jahre später blüht dort ein Narzissenmeer. „Das ist ein schöner Erfolg“, sagt Hochegger. „Dennoch muss man nachdenken, wie man die Wiesen langfristig und nachhaltig pflegen und erhalten kann.“

 

Da kommt der Verein zum Schutz und Erhalt der Narzissenwiesen ins Spiel. 2019 zeichnete er erstmals Menschen aus, die ihre Narzissenwiesen behutsam pflegen. „Besitzer von naturschutzfachlich und auch für das Narzissenfest wertvollen Narzissenwiesen sollen künftig vor den Vorhang geholt und prämiert werden“, erklärt Vereinsobfrau Franziska Miller-Aichholz.

Die erste Auszeichnung für eine besonders wertvolle Narzissenwiese ging an Heidi Rastl aus Gößl in Grundlsee. „Die Landwirtin hat eine wunderschöne Narzissenwiese“, sagt Miller-Aichholz. Sie nimmt auch an einem Naturschutzprogramm für den Schutz und Erhalt von Narzissenwiesen teil. Dabei werden Verträge mit Grundbesitzern abgeschlossen, die Maßnahmen wie Düngung oder den Zeitpunkt des Schnitts festlegen. Der Vertrag gilt mehrere Jahre und sichert so nachhaltig die Narzissenwiesen.

Ein weiterer Partner für dieses Naturschutzprojekt ist Energie Steiermark. Sie hat als Narzissenfest-Nachhaltigkeitspartner und Sponsor die Schirmherrschaft über dieses Projekt übernommen.

© STMG - Maria Schoiswohl
Im Ortskern von Bad Aussee herrscht reges Treiben. Eine Vielzahl an Menschen hält sich zwischen den Gebäuden und Ständen auf.

Die Blume zum Fest

„Eine intakte Narzissenwiese ist Garant für die Sicherung unseres Blumenfests“, sagt auch Rudolf Grill. Er ist Obmann des Narzissenfestvereins und weiß: ohne die Blume kein Fest. Schließlich werden für die Figuren jedes Jahr mehrere hunderttausend Narzissenblüten benötigt. Das Abpflücken der Blütenstängel ist für die weiß blühende und duftende Zwiebelpflanze keine Gefahr. „Im Gegenteil! Durch das Abpflücken der Blüten werden die Narzissen zur stärkeren vegetativen Vermehrung angeregt“, weiß Grill.

Die Narzissen werden in den Tagen vor dem Narzissenfestsonntag gepflückt. Erst in der Nacht von Samstag auf Sonntag stecken fleißige Hände sie in engmaschiges Hasengitter, das die Figuren umspannt. So entstehen innerhalb weniger Stunden kunstvolle Skulpturen im Blumenkleid. Das Gestell der Figuren wird in monatelanger Vorbereitung gezeichnet, geplant und geschweißt. Der große Auftritt dauert einen Tag.

 

Karin Hochegger hat Bildungsprogramme, Bausteinaktionen und weitere Projekte für den Schutz der Narzisse im Sinn. Es ist ihr ein persönliches Anliegen, die Pflanze zu erhalten. Die Narzissenexpertin ist ins Ausseerland-Salzkammergut gezogen und lebt in Bad Mitterndorf. Auch in der Pension plant sie, sich um die Narzisse zu kümmern. „Vielleicht habe ich deshalb so viel Engagement und Leidenschaft für die Narzisse übrig“, sagt sie. „Die Blume ist für mich nicht alltäglich, sie ist einfach bezaubernd.“

 

Information:

Das Narzissenfest findet jedes Jahr im Zeitraum von Mitte Mai bis Anfang Juni in den Regionen Altaussee, Grundlsee und Bad Aussee statt. 

www.narzissenfest.at