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Ein Pfarrer steht im Hofladen des Klosters Gut Aich. Er hält ein Schnapsstamperl in der Hand. In den Regalen hinter ihm befinden sich verschieden große Flaschen.
Ein Pfarrer steht im Hofladen des Klosters Gut Aich. Er hält ein Schnapsstamperl in der Hand. In den Regalen hinter ihm befinden sich verschieden große Flaschen.

Der "Pflanzengeistliche"
aus dem Salzkammergut

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Der Kräuterpfarrer

Im Europakloster Gut Aich in St. Gilgen am Wolfgangsee sorgt Prior Johannes Pausch für altes Pflanzenwissen im neuen Format.

 

Unweit vom nördlichen Ufer des Wolfgangsees im Zentrum des Salzburger Salzkammergutes befindet sich das Europakloster Gut Aich. Pater und Prior Johannes Pausch ist der Leiter der 25 Jahre alten Klostergemeinschaft. Geboren 1949 in Parkstein, Deutschland, kümmert er sich heute um die Kommunikation zwischen den Mitarbeiter:innen und die Vernetzung der internen Projekte im Kloster. Gut Aich ist für seine traditionelle, europäische Klosterheilkunde bekannt. Fünf Säulen ergeben die Grundlage dieser Form der Heilarbeit. Natur und Naturerfahrung, Bewegung, Lernen und Beratung, Behandlung und das Wohnen. Mit letzterem verbindet Prior Johannes Pausch das Wohnen auf diesem paradiesischen Flecken Erde ebenso, wie das Wohnen im eigenen „Körperhaus“. Die unterschiedlichen Angebote sind ein Beitrag zum „Heilwerden“. Der ganzheitliche Therapie-Ansatz ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Pater und Prior Johannes Pausch widmet sich schon seit seinem siebten Lebensjahr mit Hingabe dem Pflanzenwissen. Seine Erfahrungen hat er in 26 Bücher verpackt. Im Gespräch mit der Pflanzenkenner:in wird deutlich, dass die meisten Pflanzen viel umfassendere Kräfte als die ihnen zugesprochene Heilwirkung besitzen.

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Ein Pfarrer steht im Hofladen des Klosters Gut Aich. Er hält ein Einmachglas in der Hand. In den Regalen hinter ihm befinden sich Einmachgläser und Flaschen.

Hausmeister in Sachen Kommunikation

Anfang des Jahres 2019 wurde Pater Johannes Pausch erneut zum Prior des Europaklosters Gut Aich gewählt. Ein jugendlicher Charme umgibt den 70-Jährigen. Auf die Frage, was die Aufgabe eines Priors ist, antwortet er: „Das Ganze hier zusammenhalten. Ich bin so etwas, wie ein Hausmeister. Ich schaue, dass die Leitungen funktionieren, also die Kommunikation zwischen den einzelnen Bereichen im Haus. Ein geistiger Techniker sozusagen“. Mehr als 40 Mitarbeiter:innen in ganz unterschiedlichen Bereichen gilt es zu vernetzen. Das Kloster ist im Besitz von acht Gärten. Der Garten der Stille befindet sich unmittelbar im Innenhof des Haupthauses. Gleich angrenzend zur Küche findet man den Küchengarten. Kräuter, Salate und Gemüse aus hauseigener Produktion finden als Frühlings-Kräuterstrudel oder Brennnessel-Bärlauchspinat den Weg auf den Mittagstisch der Klostergemeinschaft. Einer der Lieblingsgärten von Prior Pausch ist die Alm am Zwölferhorn. „Da ist nicht viel zu tun für uns außer sie zu beschützen. Auch das will gelernt sein. Das ist eine Schatzkammer von Heilpflanzen und die dürfen wir auch nicht ausplündern“, beschreibt er den Auftrag im klostereigenen Alpengarten. Sechs weitere Gärten werden von den versierten Mitarbeiter:innen des Klosters gehegt und gepflegt.


Für die Verarbeitung der Heilkräuter- und Pflanzen ist man in der Produktionsstätte des Klosters zuständig. Bunte Überzüge aus Leinen verleihen den bauchigen Glasgefäßen, in denen vor allem Tinkturen und Liköre aufbewahrt werden, ein farbenfrohes Bild. Waltraud arbeitet schon seit knapp 20 Jahren im Klosterbetrieb. Sie ist die gute Kräuterfee des Hauses. „Man könnte fast sagen, unsere Kräuterhexe“, fasst der Prior den Tätigkeitsbereich der Mitarbeiterin zusammen. Von der Produktion spannt sich ein weiterer „Kommunikationsbogen“ hin zum Verkauf der selbstgemachten Salben, Tinkturen und anderer Produkte. Im Verkaufsraum findet man eine große Auswahl dieser Kostbarkeiten. Anwendung findet die Kräutermedizin in Folge auch in der psychosomatischen Kombinationstherapie. Das ist ein therapeutisches Angebot des Europaklosters Gut Aich, das in den Räumlichkeiten oberhalb des Kräuterladens offeriert wird. Prior Johannes Pausch ist hier immer wieder im Einsatz. Auch als Kommunikator, aber in der Krisenintervention für all jene, die seinen Rat suchen.

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Auf einem Holzbrett liegt ein Butterbrot, das mit Gänseblümchen belegt wurde. Das Brett wurde mit Radieschen garniert.

Das Gänseblümchen – ein Geschenk des Himmels

Mit einer „krisenähnlichen“ Situation verbindet Pater Johannes Pausch auch den ersten, nachhaltigen Kontakt zur heilsamen Kraft der Pflanzen. Als Kindergartenkind erlebte er jedes Jahr das „Drama der Frühlingsprinzessinnen“. „Das war immer recht spannend. Immer zu Frühlingsbeginn haben die Mädchen sich Kränzchen aus Gänseblümchen gebunden, sich Bettlaken und Ähnliches umgehängt und haben Prinzessinnen gespielt (lächelt). Und wir Burschen, wir durften dann maximal die Schleppe tragen“, erinnert sich Pater Pausch. Die Großmutter hat sich dem Ärgernis über diese gefühlte Ungerechtigkeit, die dem „Enkerl“ damals ziemlich zusetzte, liebevoll angenommen. Sie hat ein Butterbrot geschmiert, darauf Schnittlauch und Gänseblümchen verteilt und es mit einem Radieschen-Gesicht verziert. Und siehe da – das Bauchweh und der Ärger waren weg. „Das Gänseblümchen ist die genuine Kinderpflanze schlechthin“, erklärt der Leiter des St. Gilgener Zentrums für Klosterheilkunde. „Alleine der Charakter der Pflanze hat kindliche Züge. Stark und widerstandsfähig ist es eines der ersten Pflänzchen im Jahreskreis. Das Gänseblümchen stärkt Kinder seelisch und geistig“, charakterisiert der Pflanzenkenner die heimische Blume. Die Eigenschaften der Pflanzen und ihre Wirkung reduziert Pater Johannes nicht nur auf ihre Inhalts- und Wirkstoffe: „Pflanzen können so viel mehr. In der Aromatherapie werden Pflanzen und ihre Duftstoffe zur seelisch-geistigen Heilung eingesetzt. Auch das Bild heilt. Wenn ich etwas anschaue, worüber ich mich freue, dann ist das heilsam. Wenn ich etwas anschaue, was mich beruhigt, dann ist es heilsam. Wenn ich etwas anschaue und es regt mich an, dann ist es auch heilsam.“

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Eine weiß gekleidete Frau kniet vor einer Wand an der eine Reihe von Regalen angebracht ist. In den Regalen stehen mit Tüchern bedeckte Gefäße.

Leben ist Kommunikation

Mit sieben Jahren hat Prior Johannes Pausch sein erstes Herbarium selbst angelegt. Der Dorfpfarrer hat sein Interesse an den Pflanzen erkannt und ihm damals ein dickes, leeres Heftlein geschenkt. Er hat ihm gelernt, ein Herbarium anzulegen, vom Pressen der Pflanzen bis hin zur Beschriftung. Die Faszination für die Natur hat er auch in seiner Studienzeit (Theologie, Psychologie, Philosophie und Pädagogik) weiter intensivieren dürfen. In den Praxiszeiten übernahm er die Betreuung von einigen älteren Leuten. Dabei waren auch sehr versierte Heilkundige. „Die Heilkräuter sind ja die ältesten Kommunikationslehrer, die es auf der Welt gibt. Sie kommunizieren untereinander im Pflanzenverband. Pflanzen leben nicht für sich alleine“, erzählt Johannes Pausch mit Begeisterung. Auch der Austausch über das Heilkräuterwissen war früher an der Tagesordnung und brachte die Menschen zusammen. „Da ist man einfach mal zum Nachbarn gegangen und hat ihn gefragt ob er etwas gegen den starken Husten hat“, so Pausch. „Und wenn man dann dort war, dann ist man halt auch einmal sitzengeblieben. Man hat das Kräuterwissen und das Wissen über Hausmittel ausgetauscht und sich gegenseitig Tipps gegeben. Das war gute und nachhaltige Kommunikation.“ Dieser Ansatz wird auch heute noch im Kloster gelebt. Wissen wird weitergegeben. In Seminaren und Fortbildungen kann man viel interessantes Kräuterwissen erlangen. So zum Beispiel am 11. Mai, wo man beim Klosterheilkunde-Tag viel Wissenswertes um die Kraft der Heilkräuter erfahren kann.

Eingebettet in die satte und Pflanzenreiche Landschaft um St. Gilgen liegt das Klostergehöft im Salzburger Teil des Salzkammergutes. Zwetschkenbäume säumen das Haupthaus. Ein Naturdenkmal thront vor dem Eingang der hauseigenen Goldschmiede. Eine 900 Jahre alte Stechpalme. In der gediegenen Werkstatt warten renovierungsbedürftige Monstranzen und Kelche darauf, von Gold- und Silberschmiedemeister Rossano G. Passari wieder mit den ursprünglichen Funktionen und Glanz versehen zu werden. Auch in diesem Teil des Klosters entstehen Zeichen der Kommunikation. Trauringe und edle Schmuckstücke aus Gold und Silber können unter Anleitung selbst gefertigt und erstanden werden.

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Ein Pfarrer steht hinter dem Tresen im Hofladen in Gut Aich. In den Regalen an der Wand stehen kleine Fläschchen. Ein Aufsteller mit der Aufschrift "See Wald Klosterspezialitäten - Jedem ist sein Kraut gewachsen" steht im Raum.

Ich bin so etwas, wie ein Hausmeister.

 

 

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Ein Windspiel in Form eines Mondes hängt im Innenhof des Klosters. Im Hintergrund ein Gebäude.

Vom Schätzen der Dinge und wie sie zusammenhängen

Im Kloster Gut Aich wird nicht nur altes Wissen sondern auch der Wert alter Dinge geschätzt. Beim Eingang zum Garten der Stille hängt ein großes Windspiel aus alten Eisenrohren. „Mir war das ganz wichtig, aus dem gebrauchten Material etwas Neues entstehen zu lassen“, erklärt der Prior. Sein Augenmerk liegt auf dem Wertschätzen des Vorhandenen. „Hier auf Erden ist unser Paradies. Es ist immer, was wir daraus machen. Es kann natürlich auch die Hölle sein. Der Umgang mit unseren Ressourcen ist erschreckend. Es ist eigentlich ganz einfach. Wir sollten uns um unsere Umwelt kümmern. Dazu kann jeder etwas beitragen. Die Natur braucht Insekten. Sie sind unabkömmlich. Jeder kann sich also einfach als kleine Frühjahrsaufgabe den Bau eines kleinen Insektenhotels vornehmen“, schlägt der naturnahe Pater vor. Ein Impuls aus erster Hand. Für den Erhalt dieser faszinierenden Pflanzenwelt und ihren innewohnenden Kräften.